+-

wohnhaus srtm, 2020

zweifamilienhaus kfw eh 70 in friedberg

das freistehende wohnhaus von 1970 ist ist ein typisches beispiel des fossilen 20. jahrhunderts: ungenügende wärmedämmeigenschaften der gebäudehülle, in eigenleistung ausgebautes dach, ölheizung. die planungs- und bauaufgabe bestand in einer kernsanierung des gebäudes, einer umfassenden energetischen ertüchtigung incl. eines neuen heizungskonzepts sowie einer architektonischen neugestaltung von grundrissen, dach und fassaden.

am anfang musste alles ganz schnell gehen, die bauherrenschaft benötigte zuerst ein tragfähiges planungskonzept und eine kosteneinschätzung, um überhaupt eine kaufentscheidung zu treffen. direkt im anschluss an die unterschrift unter den notarvertrag war das energetische konzept zu entwickeln und der kfw förderantrag für effizienzhaus 70 zu stellen, um die bankfinanzierung sicherzustellen.

es waren wichtige konstruktive und technische entscheidungen in kurzer zeit zu treffen: dachgeschoss-neubau mit großen gauben und fenstern, schiebetüranlage zu terrasse und garten, neue treppenöffnung ins mitgenutzte untergeschoss. auf der technischen seite elektro-direktheizung (infrarot) mit pv-anlage, warmwasser mit abluft-wärmepumpe, dezentrales wohnungslüftungssystem mit wärmerückgewinnung. damit war der rahmen gesetzt für eine energetische bilanzierung als basis für die staatliche förderung.

von der kfw wurden 35 % zuschuss auf die energetischen modernisierungsmaßnahmen gewährt. auf diese weise konnten 16 % der gesamten baukosten bereits als sonderzahlung getilgt werden.

kostenkennwerte

BRI
871 €/m³
BGF
2.253 €/m²
WF|NF
3.014 €/m²

projekt: umbau, neues dach, neue tga, elektro ir heizung
leistungsphasen: 1-8, energieberatung und -planung
lage: friedberg-ossenheim
bauherr: privat
projektarchitekt: harald etzemüller
mitarbeit: sascha hilgendag
projektzeitraum: 2020-22
energieeffizienzklasse: A | primärenergiebedarf 65,3 kWh/(m²·a) | kfw EH 70
bri – bgf – wohnfläche: 758 m³ – 293 m² – 219 m²

baukosten kgr 300 + 400 (kostenstand 08.2022): 660.000 €

dachgeschoss

erdgeschoss

untergeschoss

das vorhandene dach war nicht für einen ausbau als zweite wohneinheit geeignet. ein neues kubisches obergeschoss mit flachdach ließ der bebauungsplan nicht zu. bei der neuen hochwärmegedämmten dachkonstruktion haben wir auf den flachdachgauben gleich die befestigung der pv-anlage berücksichtigt. überhaupt ist das zusammenführen von energieberaterleistungen, haustechnikplanung und architektur das a und o – weshalb wir dies alles inhouse in unserem büro leisten.

das heizungskonzept ist so innovativ wie simpel: die raumluft wird über die deckenverkleidung erwärmt. in der decke sind spezielle mit einer stromleitenden kohlenstoff-farbe beschichteten gipskartonplatten (carbo e-therm) eingearbeitet, die bis zu 45°C warm werden. die heizung ist unsichtbar, individuell steuerbar und sorgt für eine angenehme raumtemperierung. der strom wird mit einer 10 kWp pv-anlage erzeugt und in einem 11 kWh solarakku (byd) zwischengespeichert. in kalten wintertagen kann ein bestehender kaminofen im erdgeschoss mit holz befeuert werden, das ist die spitzenlast-abdeckung. ertrags- und verbrauchsberechnungen haben einen autarkiegrad von annähernd 55 % ermittelt. mit dem selbst produzierten strom wird auch eine wärmepumpe betrieben, die die wärmeenergie aus küchen und bädern nutzt, um trinkwarmwasser für die beiden wohnungen zu erzeugen.

dieses projekt zeigt exemplarisch, dass es vieler anstrengungen während der leistungs- und umsetzungsphase bedarf, um das ursprünglich beantragte effizienzhausziel zu erreichen. verschiedene faktoren haben zum erfolg geführt: der stromertrag ist 5 % höher (verbesserte module), auf eine komfortable tww-zirkulation wurde verzichtet, der blowerdoor-test brachte ein hervorragendes luftdichtigkeits-ergebnis, die detaillierte wärmebrückenermittlung führte zu einem sehr geringen wärmebrücken-zuschlag in der nachweis-bilanzierung. die nachweisführung ist ein erheblicher planerischer aufwand, der in der zukunft allerdings bei allen bauprojekten zu betreiben ist, stichworte: kreislaufwirtschaft in der bauwirtschaft, digitaler gebäuderessourcenpass.

das optische erscheinungsbild des gebäudes, das zusammenspiel von materialien und farben, die feine ausbildung von details wie dachrand, treppengeländer, badgestaltung, die kernkompetenz der architekturplanung also, tritt fast ein wenig in den hintergrund – wenn sie nicht visuell so ins auge fallen würde.